Unámonos-Schule auf der Kippe

Es ist das Erbe von Rose und Rolf Schnaufer: Seit vielen Jahren helfen Weil der Städter Kindern mit
Down-Syndrom in Peru. Jetzt im Corona-Lockdown geht das Geld aus.

Seit März haben die Lehrer ihre Schüler nicht mehr gesehen. „Uns ist es aber gelungen, unsere Beziehung zu den allermeisten Jugendlichen aufrecht zu erhalten“, sagt Jimena Diaz, die für den Unterricht zuständige Direktorin. Sie wirkt trotz der schwierigen Situation nicht unzufrieden. „Ja, darüber sind wir überglücklich.“

Corona hat auch den südamerikanischen Anden-Staat Peru fest im Griff. Und auch einige Weil der Städter zittern mit, denn die dortige Stiftung „Unámonos“ betreibt in Perus Hauptstadt Arequipa eine Schule und ein Kinderheim für Behinderte, die meisten davon mit dem Down-Syndrom. „Ich telefoniere regelmäßig mit den drei Direktorinnen“,
sagt der Stiftungsvorsitzende Hans Dieter Scheerer aus Weil der Stadt. „Große Sorgen machen uns die finanziellen Auswirkungen des Lockdowns in Peru.“

Wie die Situation konkret ist, schildern die drei Direktorinnen Jimena Diaz (Unterricht), Silvana Cavallero (Inklusion und Integration) und Cecilia Corpancho (Verwaltung) dem Reporter in Deutschland per Video-Konferenz.

110 Kinder mit besonderem Förderbedarf werden an der Schule in Arequipa unterrichtet. 107 davon erreichen die Pädagogen nach wie vor per Handy- oder Computer-Unterricht. „Da ist unser großer Erfolg“, sagt auch Silvana Cavallero, die für Inklusion zuständige Direktorin. Die Peruaner seien da sehr kreativ und bemühten sich um ihre Kinder. „Manche Eltern haben kein Internet“, berichtet Cavallero, „dann fragen sie eben die Nachbarn oder sie teilen sich das Internet mit anderen.“ Die Eltern seien „fantastisch“.

Ein großer Rückschlag für die Schulgemeinschaft war jedoch der Tod eines Kollegen, der an Corona gestorben ist. 50 Jahre war der Lehrer erst alt, auch Hans Dieter Scheerer
hat ihn gekannt und kann es kaum glauben. „Das war ein Bär von einem Menschen – man hätte es ihm am wenigsten zugetraut, dass ihn dieses Virus umhaut.“

Neben den gesundheitlichen bedrücken die drei Peruanerinnen aber auch die finanziellen Sorgen. „Die Wirtschaft in Peru wurde getragen von kleinen Unternehmen“, erklärt Jimena Diaz. Viele Selbstständige waren das mit kleineren Jobs, zum Beispiel Taxifahrer. Das Problem: Im Lockdown sind alle diese Jobs unmöglich auszuführen. „Die Leute dürfen nicht nach draußen, deshalb haben sie kein Geld – und deshalb nichts zu essen“, berichtet die Unterrichts-Direktorin.

„Deshalb planen wir, den Kindern und Familien Weihnachtspakete zukommen zu lassen, um so die schlimmste Not zu lindern“, sagt der Hans Dieter Scheerer. Das großere Problem aber ist: Erst recht haben die Eltern kein Geld, die Gebühren für die Schule zu zahlen. Etwa 15 000 Euro braucht die Schule pro Monat. 27 Angestellte gibt es, 16 davon bezahlt der peruanische Staat. Für elf Pädagogen muss die Schule selbst mithilfe der Weil der Städter aufkommen. „Bis Ende Dezember reicht unser Geld“, berichtet
Verwaltungschefin Cecilia Corpancho.

Im neuen Jahr dann nicht mehr. Für Hans Dieter Scheerer ist es klar, dass man helfen muss, er wendet sich deshalb an die Weil der Städter. „Auch der kleinste Betrag ist hier sehr hilfreich“, sagt Scheerer, der sich für die FDP auch im Gemeinderat und als Landtagskandidat engagiert. „Gerade zu Weihnachten ist es wichtig, dass die Schwächsten auch berücksichtigt werden.“ 

Die Unámonos-Stiftung geht auf das Ehepaar Schnaufer zurück. Rolf, der Wolldeckenfabrikant, war dort schon in den 50er Jahren regelmäßig in Peru auf der Suche nach Lama- und Alpakahaaren. Und Rose Schnaufer kannte das südamerikanische Land ebenfalls, weil ihre Familie mütterlicherseits nach dem Ersten Weltkrieg dorthin ausgewandert war.

„Die Leute dürfen nicht nach draußen. Ohne Arbeit und Geld haben sie nichts zu essen.“
Jimena Diaz über die Situation in Peru

Klar war für die Schnaufers, helfen zu wollen. Und auch aktuell stand der Kurs der Schule eigentlich auf Wachstum – wäre Corona nicht gekommen. Neu aufstellen wollte die Unámonos- Stiftung die Einrichtung in Peru. Die Förderung von Kleinkindern bis zu drei Jahren sollte dazukommen, ein Programm, um Erwachsene in Firmen zu vermitteln, dazu Therapien für Familien und ein Onlineshop, bei dem die Schüler Produkte verkaufen. „All das konnte nicht wie geplant realisiert werden“, muss Hans Dieter Scheerer berichten.

Der Stiftungsvorsitzende ist froh, dass zumindest das pädagogische Programm einigermaßen weiterlaufen kann: „Wir sind sehr stolz, dass wir drei so engagierte
Frauen und ihre Mitarbeiter haben.“ Von Florian Mader (Erschienen in der Leonberger Kreiszeitung am Mittwoch, 23. Dezember 2020)

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